2:12 Uhr “Schatz, heute kommt unser Herzchen.”, wecke ich Mani an Tag 39+2.
Kaum ausgesprochen saß er sprichwörtlich im Bett.
“Soll ich Wasser in den Pool lassen?” war seine erste Frage.
Doch ich wusste, dass es noch dauern würde. Abgesprochen war, dass ich ihn ab der ersten Wehe, die sich “anders” anfühlt als die Übungswehen wecke. Sonst hätte er die letzten Wochen vor der Geburt nicht mehr tief schlafen können. Er zündete Kerzen an und machte uns eine wunderschöne Atmosphäre. Musik wollte ich nicht. Ich war so froh, dass wir uns gegen eine Geburt in einer Klinik und für eine Hausgeburt entschieden hatten.
Die Wehen kamen total unregelmäßig. Mal waren 20 Minuten dazwischen, dann wieder nur 7. Insgesamt konnte ich sie aber sehr gut aushalten und mich mit jedem intensiven Gefühl mehr darauf einrichten, dass sie wirklich heute geboren wird. Hin und wieder bin ich in den Wehenpausen sogar eingenickt. Ich wechselte vom Liegen in den Vierfüßlerstand, lief hin und her und legte mich wieder ab.
Damit das Wasser rechtzeitig im Pool ist, lies mein Schatz es um 4:44 Uhr ein. Es sollte noch dauern, bis ich es nutzte.
Ich schlüpfte aus meinem Schlaf-Shirt und zog mein schwarzes Umstandskleid an. Bewegungsfreiheit und doch noch angezogen, fühlte ich mich gerade am wohlsten.
Als es hell war, haben wir mit den anderen Kindern gemeinsam noch gefrühstückt. In dem Moment fühlte ich mich noch gut, heute kann ich gar nicht mehr sagen, ob ich Müsli oder Brot oder ganz was anderes gefrühstückt habe. Ich nahm alles um mich herum etwas verschwommen war und war natürlich viel mehr mit mir beschäftigt und dem, was in meinem Körper vorging.
Von anderen Familien hatte ich schon gehört, dass die älteren Kinder bei den Geburten der Geschwister sogar dabei waren. Mich lenkten sie zu sehr ab. So rief ich Oma an, die die beiden kleinen Großen Brüder dann auch abholte und mit zum Spielplatz nahm. Jetzt konnte ich mich auf mich und auf die Geburt konzentrieren. Auch die Thrombose-Strümpfe, die ich auf Grund von Wassereinlagerungen die letzten Monate nur zum waschen ausgezogen hatte, waren jetzt zu viel und durften weg.
Zu erst waren die Gefühle so, als würde ich meine Regel bekommen. Ein Ziehen im Unterleib, dass sich von der Intensität erst schnell aufbaute, dann wieder langsam abflaute. Ich lief ein bisschen umher, hielt mich während der Wellen gerne an einem Möbelstück oder der Wand fest und erinnerte mich an die Atemübungen aus dem Yoga.
Zwischendurch kreiste ich mein Becken ein bisschen auf dem Gymnastikball. Und mein Schatz kontrollierte immer wieder die Temperatur im Pool. Den Geburtspool hatten wir extra zur Geburt von unseren Hebammen geliehen. Er stand schon ein paar Tage aufgebaut in unserem Schlafzimmer. Damit unser Herzchen in warme 37 Grad geboren wird, schaute Mani immer wieder nach, ob die 400 Liter auch noch warm genug sind.
Allerdings hatte ich ein bisschen Respekt vor dem Wasser. In meiner Vorstellung war das so wundervoll, unser Baby vom Fruchtwasser ins Poolwasser gleiten zu sehen, sie dann mit den Händen rauszunehmen und auf meiner Brust abzulegen. Das es anders kam, wussten wir hier noch nicht. Ich machte mir gerade ganz andere Gedanken.
Gelesen hatte ich mal, dass Übungswehen im warmen Wasser verschwinden und “echte” Wehen im warmen Wasser stärker werden. Ganz ehrlich, waren die Wellen nun schon ganz schön intensiv und ich wollte nicht, dass sie stärker werden, nur weil ich ins Wasser steige.
“Es verändert sich wieder etwas”, sagte ich in einer der 5-7 Minuten Pausen.
“Ruf bitte die Hebamme an.”, ich zog mich aus und stieg in den Pool. Sie bestätigte in einer halben Stunde da zu sein.
Das Sitzen im Wasser war voll entspannend und ich würde, hätte ich nochmal die Chance, viel früher ins Wasser steigen. Ich habe nichts davon bemerkt, dass die Intensität der Wellen dadurch gesteigert wäre. Sie waren gleich stark wie zuvor, doch ich fühlte mich viel leichter. Mein Körper schwebte in den Pausen im Wasser. Als zehn Minuten später die Hebamme hereinkam, wurde der Wehenabstand erstmal wieder etwas länger. Von 5 auf 10 Minuten. Die Natur hat eben keine Stoppuhr bei so einer Geburt dabei. Und obwohl natürlich alles dafür sprach, dass unser Herzchen noch am selben Tag zur Welt kommen würde, hatte ich jetzt Zweifel. Waren es vielleicht doch Übungswehen? Würde es noch bis zum nächsten Tag dauern?
Ein Gefühl der Öffnung lenkte mich von diesen Gedanken ab. Ich hielt mich an einem der Außengriffe des Pools fest, drückte einen Fuß gegen die Innenwand und atmete tief ein. Bald ist sie da. Schoss es mir durch den Kopf und ich war dankbar. Unsere zweite Hebamme kam auch an. Welch ein Luxus an dieser Stelle. Es ist unfassbar schwierig in Deutschland eine Hausgeburtshebamme zu bekommen. Nur noch sehr wenige Hebammen, können sich ihre Arbeit leisten. Sehr hoch sind die Beiträge für ihre Versicherung. Im Gegenzug dazu bekommen sie für die Geburt eine Pauschale. Ganz egal, ob sie dafür 72 Stunden oder 30 Minuten einsetzen. Darüber gerne auch mal mehr, doch jetzt weiter mit unserer Geburt. So saß, lag und schwebte ich also im 37 Grad warmen Wasser. Mein Schatz brachte mir Wasser zum Trinken, streichelte mich in den Pausen und sagte mir immer wieder so liebe Worte. Ich war sehr bei mir und meinem Körper. Die Brille, ohne die ich mich fast blind fühle, hatte ich schon ausgezogen. Störte mich. Und ich musste auch nichts weiter entferntes sehen. So konnte ich mich freier Bewegen und nahm weniger um mich herum war. Dafür ganz sehr mich selbst und und unser Herzchen. Bis ich dann meinte:”ich muss raus, ich muss zur Toilette.”
“Wenn es nur Pipi ist, kannst du das auch im Pool machen.” sagte unsere Hebamme. Zu mir. Ich hab schon Hemmungen ins Meer zu pieseln, wenn es weit und breit keine Toilette gibt. Die Vorstellung ins Wasser zu machen, in dem ich unsere Tochter empfange, war keine Option für mich. Ich kletterte aus dem Pool. Nach der Toilette merkte ich, dass mein Kreislauf runter fährt und legte mich erstmal wieder aufs Bett. Mich verlies die Kraft und ich fragte die Hebamme, ob sie nach der Öffnung des Muttermundes fühlen kann. Obwohl ich im Vorfeld KEINE Untersuchung wollte, hatte ich jetzt das Bedürfnis, dass mir jemand von Außen sagt, dass wir es bald geschafft haben. “Es fehlt nicht mehr viel.” reichte mir völlig um die nachfolgenden Wehen, die schon langsam anzeigten, dass es nicht mehr lange dauerte besser zu veratmen. Zur Unterstützung trank ich ein Boost* und auch das, würde ich beim nächsten Mal früher tun.
Ich suchte eine Position, die mich voran bringen würde. Tiefe Hocke, kniend, Vierfüßlerstand… im Bett auf der Matratze war die Unterlage zu weich. In den Pool wollte ich nicht. So kniete ich dann vor dem Bett und spürte starken Druck nach unten. Es fühlte sich an, als seien meine Beine zu schwach, diesen aus zu halten. Ich bat die Hebamme mir den Geburtshocker zu geben, im gleichen Moment verlor ich Fruchtwasser. Voller Hoffnung und Vorfreude saß ich auf dem Geburtshocker und… es passierte gar nichts. Nichts. Keine Welle. Kein Druck. Stopp.
Während ich im und vor dem Bett schon den Drang hatte mit zu schieben, war jetzt nichts mehr zu spüren. Gleichzeitig wusste ich, dass das “so nichts wird”. Der Druck ein Kind heraus zu schieben unterscheidet sich von der Technik nicht so sehr davon, wie das große Geschäft zu machen… Und ich kann weder ins Meer pinkeln noch in mein Schlafzimmer ka**en. “Ich geh aufs Klo.” sagte ich und lief schon los.
“Es wird gleich losgehen.” hörte ich noch irgendwen sagen, aber ich hatte mein Ziel schon klar vor Augen. Im Bad konnte ich dann endlich los lassen und unsere 50cm kleine Tochter gemeinsam mit meinem Schatz auffangen. Seinen Blick dabei werde ich nie vergessen. Es war wundervoll. Sie wurde direkt in unsere Hände geboren. Im Stehen vor der Toilette. Pünktlich zur Mittagessenszeit. Die Hebamme half uns die Nabelschnur zu entwirren. Meine vierte Geburt dauert somit von der ersten Wehe in der Nacht bis zum ersten Schrei von unserem Herzchen 11 Stunden.
Mit unserem Herzchen auf der Brust lief ich zurück ins Bett. Völlig im Hormonrausch.
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(c) by Kerstin
ÜBER DIE AUTOREN
Kerstin Rehse
Als Vorbild möchte Kerstin Frauen, insbesondere Mütter inspirieren, die volle Verantwortung zu übernehmen und sich selbst an erste Stelle zu setzen. Das Beste kommt noch, heißt ihr Leitspruch.
Kerstin ist Mutter von 4 Kindern, Networkerin seit 2017, Leaderin der beyond ♥️ Heartfamily, Markenbotschafterin, Abenteurerin, Yogalehrerin (RYT500), Fitnesstrainerin, Holistic human design Coach (G4/6) und Holistische Gesundheitsberaterin.
Manfred P. Zinkgraff (Mani)
Mit mehr als 40 Jahren Praxiserfahrung, ist Manfred P. Zinkgraff ein "Praktiker", wie es nur noch Wenige gibt.
Sein Ziel ist es, so vielen Menschen wie möglich, Hoffnung, Mut und Zuversicht zu geben. Freiheit beginnt mit dem richtigen Job, lautet seine Kernaussage.
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Mani & Kerstin